Neue Usher-Mutation: Usher 1J in pakistanischer Familie entdeckt

von Dr. Hans-Jürgen Krug

Von den Usher-Genen sind seit Mitte der 1990er Jahre inzwischen über zwölf identifiziert worden. Darüber hinaus gelang auch die schrittweise Aufklärung der Funktion ihrer Proteine im Stoffwechsel-Netzwerk der Haarzellen des Innenohres und der Photorezeptoren.

Im vergangenen Jahr gelang es einem interdisziplinären Forscherteam aus den USA und aus Pakistan, bei Familien im letzteren Land die Entdeckung von insgesamt vier Mutationen des CIB 2-Gens, das sowohl für Usher 1J als auch für die nicht syndromale Gehörlosigkeit DFNB 48 verantwortlich ist. Das von dem Gen CIB 2 auf dem 15. Chromosom gebildete Protein ist für den Transport von Calcium-Ionen und für das Zellbindungsprotein „Integrin“ verantwortlich. Das ungestörte Gleichgewicht von Ca2+-Ionen ist vor allem für die mechanoelektrische Transduktion in den Haarzellen des Innenohres wichtig. Das durch CIB 2 gebildete Protein geht Wechselwirkungen mit den schon bekannten Usher-Proteinen Myosin VII a und Whirlin ein.

Unter 54 pakistanischen Familien, bei denen eine isolierte Gehörlosigkeit bzw. Schwerhörigkeit auf Grund einer CIB 2-Mutation vorlag, gab es auch eine Familie mit Usher I-Symptomatik. Diese besondere Mutation wurde mit Usher 1J bezeichnet.

Beim Menschen und im Mausmodell ist das CIB 2-Gen sowohl in den Stereozilien der Haarzellen des Innenohres als auch in den Photorezeptor- und in den retinalen Pigmentepithelzellen der Netzhaut nachgewiesen. Weitere in der Studie untersuchte Tiermodelle waren der Zebrafisch und die Taufliege. Zebrafische mit einem ausgeschalteten CIB 2-Gen zeigten zu 80 % keine Reaktion auf akustische Reize mehr und konnten zudem nicht mehr aufrecht schwimmen. Das Seitenlinienorgan der Fische zeigte entsprechende morphologische Veränderungen. Bei der Fliege Drosophila wurde durch eine entsprechende Mutation organisch und funktionell eine Degeneration der Lichtsinneszellen ausgelöst. Dies bestätigt die These, dass eine genetisch bedingte Fehlregulation des Calcium-Stoffwechsels eine Netzhautdegeneration auslöst.

Das Gen CIB 2 kann nach diesen Ergebnissen nun als Teil des Usher-Netzwerkes von Genen bzw. Proteinen angesehen werden, zu dem bereits Myosin VII a, Harmonin, Cadherin 23, Protocadherin 15, Sans, Whirlin, Usherin und Clarin-1 zählen.

Die Dunkelziffer der heute noch unbekannten Gene bzw. Mutationen beim Usher-Syndrom ist schwer zu schätzen, da Bau und Funktion selbst der gesunden Rezeptorzellen großteils noch zu erforschen bleiben. So sind fortlaufende Entdeckungen neuer Usher-Gene auch in Zukunft zu erwarten.

Quelle:

Riazuddin, Saima et al. (2012). Alterations of CIB2, a calcium- and integrin-binding protein, cause usher syndrome type 1J and nonsyndromic deafness DFNB48. Nature Genetics, 44(11), 1265-1271.

 

Datum: 
Sonntag, Februar 9, 2014 - 16:30

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