2013

Erfahrungsbericht zum Usher-Seminar aus Sicht eines Betroffenen

von Frank Waldeck

Hiermit möchte ich meinen ersten persönlichen Usher-Seminar Bericht schreiben. Bei der Anreise nach Bad Meinberg mit Begleitung von Simone Amacher, die beim Blindenverband Hannover arbeitet, war ich noch richtig vor dem Seminar aufgeregt, da ich das erste Mal dabei war und nicht wusste, was auf mich zukommen wird. Ich war aber schon sehr neugierig darauf.
Ich wurde herzlich von Andreas Chlosta und Bernd Wibbeke in Empfang genommen. Leider konnte ich nicht an allen Vorträgen teilnehmen, da es für mich sehr anstrengend ist, mich so lange zu konzentrieren. Die Vorträge und Workshops, bei denen ich aber dabei sein konnte waren sehr schön und interessant. Diese Erfahrung nehme ich mit. Am besten hat mir das Selbstbehauptungstraining von dem Polizeihauptkommissar aus Köln gefallen.

Der Ausflug und die Führungen im Schloss Corvey und der Spaziergang zur Stadt waren sehr schön und dabei hatten wir ja zum Glück schönes Wetter gehabt. Was will man mehr … alle waren gut gelaunt. Die ganzen Seminartage haben mich sehr beeindruckt und besonders die vielen netten, freundlichen Leute, die immer gut gelaunt waren. Vor allem auch die große Hilfsbereitschaft untereinander.
Leider ist es mir nicht gelungen, den Mut aufzubringen, euch zu eurer eigenen Hörsehbehinderung anzusprechen. Gerne hätte ich eure Erfahrungen dazu erfahren. Ich möchte gerne den Vorschlag machen, dass sich beim nächsten Usher-Seminar eine kleine Gesprächsrunde mit Interessierten findet, in der man sich über seine Probleme mit der Hörsehbehinderung z. B. im Alltag austauschen kann.

Insgesamt waren die Seminartage sehr schön und danke noch mal an unsere Seminarleitung und die Veranstalter. Ich danke auch Simone Amacher, die mich viel begleitet hat und Zeit hatte für schöne, ruhige Spaziergänge. Sie hat mir viel geholfen, wenn mehrere Personen sich unterhalten haben und ich sie nicht verstanden habe. Eine kurze Erklärung hat mir dann geholfen, am Gespräch besser teilzunehmen. Bis zum nächsten Mal beim Usher-Seminar!


Erfahrungsbericht zum Usher-Seminar aus Sicht einer Angehörigen

von Karin Birn

Nach fünfstündiger Fahrt kamen ich und mein Mann gut am Mittwochabend in Bad Meinberg an. Das Hinweisschild zum AURA-Blindenzentrum fand ich nicht nach dem Verlassen der Bundesstraße 239. Als ich außerhalb des Ortes wendete und zurückfuhr, entdeckte ich erst das Schild. Ich sagte zu meinem Mann: „Das ist aber unpassend angebracht, weil ich es erst bergab von der Straße gesehen habe!“, erwiderte er prompt: „ Denk dran, wir haben es mit einem Blindenheim zu tun. Entweder man findet es blind oder gar nicht!“

Nun zu meiner Person: mein Name ist Karin Birn, ich komme aus OedheimDegmarn (bei Heilbronn) und bin seit 30 Jahren mit Hermann verheiratet. Ich selbst bin seit 2012 beidseitig CI-Trägerin und begleitete meinen Mann, der von der Krankheit Retinitis pigmentosa betroffen ist. Wir haben drei gesunde Kinder im Alter von 24 bis 30 Jahren.
Zum ersten Mal besuchte ich ein Hörsehbehindertenseminar. Vieles ist für mich neu gewesen und es hat mich sehr beeindruckt! Ich entdeckte im Hotel viele Zeichen, woran ein gut sehender Mensch gar nicht denkt: Braille – Schriften an jeder Türe zu den Zimmern, an vielen Ecken als Hinweis zum Aufzug; verschiedene Anzahl an Noppen aus Kunststoff am Ende des Treppengeländers als Hinweis, in welchem Stock man sichbefindet; bewegliche Eisenstangen als Fallsperre vor dem Treppenabgang; Leisten aus Metall auf Boden als Wegweiser für Füße oder Blindenstöcke…

Die Menschen sind alle sehr herzlich und ich fühlte mich sofort in dieser Gemeinschaft aufgenommen. Um 17 Uhr führte uns eine Frau durch das Haus. Nach dem Abendessen begrüßten uns die Seminarleiter Andreas Chlosta und Dr. Bernd Wibbeke und führten uns in das Seminar ein. Alle Teilnehmer stellten sich mit Namen vor, teilten ihren Wohnort mit und sagten, wann ihre Behinderung diagnostiziert wurde.
Zu den Vorträgen schreibe ich hier nichts, da sie im Magazin extra zusammengefasst werden. Am Donnerstag- und auch am Freitagabend gab es nach dem Essen Workshops in zwei Gruppen: Klangmassage und -meditation sowie Qi Gong. Qi heißt übersetzt Lebensenergie und Gong harte Übung. Es ist eine chinesische Bewegungskunst, die Übungen zur Konzentration und Meditation sowie Kampfsportelemente beinhaltet.

Am Freitagmorgen ging es mit dem Bus in die Nähe von Höxter, wo unser Tagesausflug mit blindengerechter Führung und FM-Anlage für Hörgeschädigte stattfand. Dort besuchten wir das Schloss Corvey am Weserbogen, eine ehemalige Reichsabtei und Residenz. Hier arbeitete August Heinrich Hoffmann von Fallersleben als Bibliothekar, der nach der 1849 erfolgten Rehabilitierung 1860 von Herzog Viktor I. von Ratibor nach Corvey berufen wurde. Dort starb er 1874 und fand seine Ruhestätte. Er ist uns als Dichter der deutschen Nationalhymne bekannt. Nach dem Mittagessen á la Corveyer Marktbuffet im Schlossrestaurant Corvey wanderten wir zur Stadt Höxter. Dort erwarteten uns mehrere Stadtführer am historischen Rathaus, die uns die vielen wunderschönen, denkmalgeschützten Bauwerke wie Vierständerhäuser, Marienkirche, Obermühle usw. zeigten. Nach dem Genuss von Eis oder Kaffee fuhren wir mit dem Bus wieder zum Abendessen zum AURA-Blindenheim zurück. Dieser Tag war zwar anstrengend, jedoch sehr schön und interessant.

Der Abend klang mit einer Abschlussfeier „Bunter Abend“ aus. Zuerst sang das blinde und körperbehinderte Ehepaar Kaminsky Schlagerlieder und danach heizte uns der DJ „BM“ (Bernhard Mucha) aus Berlin deftig mit Hits und Musik ein und es wurde bis in den Morgen hinein getanzt und geschwätzt. Am Sonntag, den letzten Tag war Seminarrückblick und -kritik und Ausblick auf 2014 angesagt. Andreas teilte mit, dass das nächste Usher-Seminar vom 14. bis 18. Mai in Saulgrub stattfindet. Jeder Teilnehmer konnte zum Abschluss loben, kritisieren, bedanken, anregen, bedenken, vorschlagen oder seine Gefühle und Gedanken zum Ausdruck bringen. Bis zum Mittagessen um 12 Uhr unterhielt man sich, bevor sich alle voneinander verabschiedeten.

Fazit: Als unbetroffene Teilnehmerin beeindruckte es mich sehr, wie fröhlich und unterhaltsam die Leute trotz ihrer Schwerstbehinderung sind und wie sie alle ihr Leben meistern. Einige bewegten sich fast so sicher, sodass ich nicht wusste, ob sie nun sehbehindert sind oder nicht. Dafür gibt es aber auch einige Teilnehmer, die völlig orientierungs- und hilflos sind. Das macht mich betroffen und traurig. Das größte Problem ist die unsichtbare Behinderung, die man bei Hörbehinderten und leicht Sehbehinderte nicht sofort erkennen kann, wie das bei einem Rollstuhlfahrer der Fall ist. Meines Erachtens müsste viel mehr Aufklärung im Fernsehen gezeigt werden. Ich würde es mir für die Betroffenen so wünschen, dass diese Aufklärung in Form wie der tägliche Wetterbericht nach den Nachrichten oder als Werbespot zu mehr Anerkennung käme und sei es nur für 1 bis 2 Minuten.
Feststellen konnte ich auch, dass viele Blinde noch ziemlich gut hören, auch bei lauter Musik. Ich selbst bräuchte dafür Blickkontakt, um zusätzlich von den Lippen abzusehen.
Jedenfalls freue ich mich auf das nächste Seminar mit vielen hochinteressanten Vorträgen, auch wenn diese anstrengend sind, und bedanke mich nochmals ganz herzlich für die gelungene Arbeit von den Seminarleitern!


Workshop Klangmassage und Klangmeditation

von Petra Kösters

Schon in der Vorbereitung war es für mich spannend! Wie baue ich einen Workshop mit Klangkörpern am besten auf, wie werde ich den Teilnehmern mit Hör- und Sehbeeinträchtigungen gerecht, wie kann ich Interesse wecken und vor allem, wie kann ich uns gemeinsam einen bereichernden Abend gestalten?
All meine Schätze (Klangschalen verschiedenster Art, Gongs, Zimbeln) hatte ich aufgebaut und begann den Workshop mit einführenden Informationen. Wichtig dabei war mir, die Bandbreite der Klangschalen und auch die Grenzen im therapeutischen Bereich aufzuzeigen sowie darüber zu informieren, woran man eine seriöse Behandlung mit Klangkörpern erkennen kann.

Nachdem ich die unterschiedlichen Klangschalen, Zimbeln und Gongs vorgestellt hatte, ging‘s zum praktischen Teil über. Man soll ja niemals einfach glauben, was irgendein Workshopleiter erzählt, sondern es auch überprüfen können! Die Teilnehmer konnten nun in einer mit Wasser gefüllten Klangschale die Übertragung der Schwingung selbst erfahren, indem sie ihre Hände in die Schale legten, während diese angeschlagen wurde. Da nahm ich manches Erstaunen wahr, dass tatsächlich die Klangschwingung in den Händen gut zu spüren war. Daran schlossen praktische Übungen an, bei denen die Klangschalen im Liegen direkt auf dem Körper eingesetzt wurden. Es bildeten sich Zweiergruppen, die unter Anleitung erfahren konnten, wie es sich anfühlt, wenn der Rücken sanft durch die Vibration der Klangschale massiert wurde.

Im nächsten Teil des Abends ließen wir gemeinsam einen Klangteppich entstehen. Alle Teilnehmer hatten einen Klangkörper zur Verfügung und unter der Führung des großen Gongs entstand ein gemeinsames Klangspiel, so zart, so harmonisch, so ergreifend und stimmig, dass es mich tief berührte. Für mich war dieser gemeinsame Klangteppich das Ergreifendste des Abends. Auch stimmliche Intonationen wurden von denTeilnehmern aufgenommen und ergänzt.
Zum Abschluss führten wir eine Klangmeditation durch. Die meisten Teilnehmer hatten sich dazu auf Yogamatten gelegt und ich spürte die willkommene Stille dieser Situation.
Für mich war dieser Workshop eine ganz besondere Bereicherung, die mich nochmals darin bestätigt, dass gerade der Umgang und die Arbeit mit Klang etwas so besonderes in der Wahrnehmung ist, dass Grenzenloses möglich wird.

Vor allem bedanke ich mich auch bei den Teilnehmern, die mich schon in der Vorbereitung unterstützt haben und auch direkt beim Workshop durch ihre Hilfe möglich machten, dass der Abend so fließend verlaufen konnte. Darüber hinaus danke ich allen, die dabei waren, die mich durch ihre Freude, ihr Interesse und ihre Neugier beflügelt haben, ein gemeinsames Klangerlebnis zu ermöglichen. Nach den wunderbaren Erfahrungen mit euch habe ich den Mut, mein Tätigkeitsfeld zu erweitern, was sich bisher nur auf Einzelanwendungen in der Klangmassage beschränkte.

… und über diesen Abend hinaus möchte ich euch allen noch meinen innigen Dank dafür aussprechen, dass ihr mich so liebevoll und herzlich bei euch (in der Usher-Familie) aufgenommen habt und ich diese interessanten Seminartage mit euch verbringen durfte!

Datum: 
Freitag, Oktober 18, 2013 - 09:00

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