Usher-Seminar vom 24. - 28. März 2003

Wolfgang Polatzek

Vom 24. bis 28. März fand in Osterode (Harz) das diesjährige Jahrestreffen der Usher - Gruppe der Pro Retina mit über 50 Teilnehmern statt. Es herrschte eine außerordentlich offene kommunikative Atmosphäre. Das Wir-Gefühl war beeindruckend. Von der Gesamtstimmung her fühlte ich mich an Seminare in den Freikirchen erinnert. Für viele Anwesende ist sicher das gemeinschaftliche Erleben und das Gespräch, die Freude an schönen gemeinsamen Stunden der Hauptanlaß, zu diesem Seminar zu kommen. Auf der Habenseite steht auch die Bereitschaft, die Abende kreativ zu gestalten -- so wurde Malen und Tanzen angeboten. Einige Teilnehmerinnen führten ihre von Karin Schweth (Leipzig) frisch erlernten Bauchtanzkünste vor. Viele Teilnehmer nahmen die Informationen zu den sozialen Hilfen gerne an. Ein Bedürfnis nach grundsätzlicher Diskussion der zunehmenden Einschränkungen im Gesundheitswesen bestand nicht. Beklagt wurden die Schwierigkeiten auf dem Wege zu angemessener Versorgung mit Hilfsmitteln, und es gab Tipps zum Umgang mit Krankenkassen und Versorgungsämtern. Die wissenschaftlichen Referate zum Usher-Syndrom waren verständlich und skizzierten fraglos den neuesten Forschungsstand, wobei diesmal zum Stand der Grundlagenforschung mit Prof. Wolfrum (Mainz) ein Zellbiologe und kein Mediziner referierte. Enttäuscht wurde zur Kenntnis genommen, daß in Europa überwiegend zum Usher- Syndrom geforscht wird, aber kaum zu dem fast alle Teilnehmer betreffenden Usher-Typ II. Die Forschung zu Usher II geschieht zur Zeit fast ausschließlich in den USA. Die gesamte Grundlagenforschung zu Usher I und II ist zudem nach den vorgetragenen Ergebnissen noch auf einer Ebene der Beschreibung. Zu einer theoretischen Modellbildung ist man anscheinend noch nicht vorgedrungen. Beeindruckend war die Leistung von Dr. Neuburger (Oberarzt in der HNO-Klinik der Med. Hochschule Hannover). Er trug ein Cochlea-Implantat, das ihm erst nach jahrelanger Taubheit eingesetzt worden war. Er war in der Lage, gut verständlich zu referieren und konnte auch die Fragen aus dem Auditorium verstehen.

Zur Auflockerung der eher theoretischen Ausführungen gab es Beiträge aus dem psychosozialen Bereich, die ein durchaus geteiltes Echo hervorriefen. Mein persönlicher Eindruck: Der Psycho-Markt bringt zuweilen sehr fragwürdige Blüten zum Vorschein, die für die Alltagsgestaltung wenig tauglich sind, und wenn dahinter noch verdeckte pseudo-religiöse Anschauungen stehen, finde ich dies zusätzlich problematisch. Um so überzeugender war ein Referat zum Thema "Sucht" von Prof, Schmidt (Berlin), der neben allgemeinen Informationen auch persönliche Lebensorientierung anbot. Insgesamt hat dieses Seminar einmal mehr zum Zusammenhalt der Usher-Gruppe beigetragen und für diejenigen, die zum Stand der Forschung und der Rehabilitation etwas erfahren wollten, gute Informationen geliefert.

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