Usher-Seminar vom 28.3.-1.4. 2001

Gotthold Gocht

Nachdem wir am Mittwoch durch das Haus geführt wurden, hat uns anschließend Frau Rosemarie Große-Wilde begrüßt und zugleich das Seminar eröffnet. Danach konnten sich die TeilnehmerInnen gegenseitig vorstellen. Am Donnerstag sind wir zunächst über den derzeitigen Stand der technischen Entwicklung der Hörhilfen eindrucksvoll unterrichtet worden. Beherrschendes Thema waren die Möglichkeiten der digitalen Hörgerätetechnik, die ein bisher nicht gekanntes Maß individueller Anpassung erreicht hat. Das Problem subjektiver Wahrnehmung und objektiver Darstellung der akustischen Reize durch diese Technik, machte indessen auch ein Dilemma deutlich, das durch Lernen der Probanden an den neuen Hörhilfen nur annähernd gelöst werden kann. Denn was für den Betroffenen erträglich ist, ist vielfach nicht das objektiv Mögliche in der digitalen Technik. Das heißt: aus subjektiven Gründen können im Einzelfall die technischen Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden. Am Nachmittag stand die Aromatherapie auf dem Programm. Dabei geht es (über den Geruchssinn als "Brücke") vor allem um Entspannung zur Herstellung eines allgemeinen Wohlbefindens. Die Herkunft der Duftaromen aus dem Orient und deren jahrhundertelange Tradition, hat uns die Referentin als einen eigenständigen Beitrag dieses Kulturkreises anschaulich machen können. Sie ließ es nicht nur bei der Beschreibung der Düfte bewenden, sondern brachte uns Kostbarkeiten näher und ließ uns ihre Wirkung spüren: Duft von Rosen-, Weihrauch-, Myrrhe-,Vanille- und Kamilleölen u.a. konnten wir selber riechen.

Am Freitag und Samstag wurde uns die Bedeutung der Gesundheit für das Hör- u. Sehvermögen auf vielfältige und überraschende Weise deutlich. Die Krankheitsbewältigung und psychosomatische Rehabilitation sind Bausteine, mit denen wir den Umgang mit Krankheit besser verstehen lernen. Die Vorstellung von Gesundheit wirkt auf das eigene Befinden, und übertriebene Vorstellungen erschweren uns die Auseinandersetzung mit verschiedenen Möglichkeiten. Nicht der ist gesund, dem nichts fehlt, sondern wer es versteht, aus dem konkreten Zustand das jeweils Mögliche und Beste für ein Leben mit sich selbst und anderen zu erreichen. Bei dieser anspruchsvollen Betrachtung blieb es nicht. Darauf folgte eine weitere Aufforderung, einem ganzheitlichen Therapieansatz ("Ganzheitliche Augenmedizin") zu folgen. Der Referent stellt sich in seinem Beruf als praktizierender Augenarzt der nicht konfliktfreien Herausforderung, neben der Schulmedizin Wege zu beschreiten, die eine Heilung von Augenkrankheiten aus dem Gesundheitszustand des Menschen insgesamt zu suchen ist. Dies kann in seiner etablierten Berufswelt nicht ohne hohen persönlichen Einsatz geschehen, der zunächst mit Isolierung bezahlt werden mußte. Inzwischen ist es ihm aber gelungen, MitstreiterInnen zu finden – nicht Legion an der Zahl, aber doch ermutigend.

Nicht auf Heilung bestimmter Leiden gerichtet sind Training nach "Feldenkrais", sondern auf Herstellung allgemeinen Wohlbefindens. Insofern kann dieses Seminarangebot als Fortsetzung des Referats von Herrn Dr. Küstermann verstanden werden. Statt nun weitere Theorie auf uns niedergehen zu lassen, hat uns der "Feldenkraismeister" umgehend mit einigen Übungen in die Praxis entführt. Wie wir aus dem autogenen Training wissen, ist es möglich, auf unser körperliches Befinden durch eigene Aufmerksamkeit Einfluß zu nehmen, um sich in einem Zustand der Entspannung zu erholen und neue Kräfte zu gewinnen. Ähnliches versuchte die Referentin ("Sehtraining") zu zeigen. Durch liebevolle Zuwendung zu den Organen und Körperteilen, sollen die heilenden Kräfte des gesamten Organismus auf die leidenden Organe gelenkt werden. Das Ziel ist nicht, das Auge auf Kosten des Organismus zu heilen, sondern den gesamten Organismus in den Stand zu setzen, dem leidenden Organ zu helfen. Diesen Ansatz hat sie uns auf sehr einfühlsame Weise nahe zu bringen verstanden. Wir durften erleben, daß Einfühlung nichts mit Sentimentalität zu tun hat, sondern Liebe eine – wenn nicht die – Möglichkeit des Umgangs mit uns selbst und mit anderen ist.

Mit "Tinnitus und Hörsturz" und dem möglichen Umgang damit, folgten zwei Referate mit dem Ziel, verschiedene Streßformen (konstruktiv-positiv und negativ) zu unterscheiden und ihre jeweiligen Folgen (z.B. Gleichgewichtsstörungen u.a.) zu schildern. Die Aussichten, den Verlust des Hörvermögens ("Hörsturz") zu beheben, sind relativ gut. Doch wurde auch klar, daß der Tinnitus als Folge des Usher-Syndroms noch kaum erforscht ist. Eine gezielte, aus dem Usher-Syndrom entwickelte Therapie gibt es daher (noch) nicht. Dementsprechend waren die humorvollen Darlegungen, vor allem psychisch, daran interessiert, uns von der angespannten und damit enervierenden Aufmerksamkeit auf den "Tinni" nach Möglichkeit zu befreien – dieser Gesichtspunkt hat bereits in anderen Beiträgen eine Rolle gespielt. Unverkennbar war für mich allerdings auch, wie offen selbst für Fachleute dieses Feld noch ist. Eine schöne Ergänzung waren Gymnastik, soziale Beratung, Erfahrungsaustausch, Hilfsmittelausstellungen, etc. Resümee Nicht nur für den Autor ist dieses Seminar eine Bereicherung gewesen. Der erfrischende Wechsel der Beiträge hatte eine erkennbare Dramaturgie. Von außen (Technik) nach innen (Schulmedizin – Ganzheitsmedizin – Bewußtseins- und Wahrnehmungsbalance) war das Seminar auf eine konstruktive Herausforderung an alle Anwesenden ausgerichtet – demnach ein "positiver Streß" (davon war übrigens auch die Rede!) Last but not least:

Moderation und Leitung des Seminars lagen bei Frau Rosemarie Große-Wilde in guten Händen, auch dann, als ein Referent, bedingt durch höhere Gewalt, verhindert war. Mit stets aufmunternder Energie öffnete sie uns die Tür zu neuen Zugängen, die auf uns warteten – das kostet Kraft. Von gleichem Gewicht war allerdings auch die Freigebigkeit und positive Zugewandtheit der ReferentenInnen. Alle, die es erlebt haben, können ein Lied davon singen.

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